Fasnet in Narrenzell

Fasnet in Narrenzell

In (Eberhard-) Narrenzell hat die fünfte Jahreszeit eine über 60-jährige Tradition. Bunt und fröhlich wird die Gemeinschaft
der Bürgerinnen und Bürger gelebt. Kaum ein Haus, in welchem nicht mindestens ein Familienmitglied dem Fasnetsbrauch verfallen ist.
Vielen wird das Brauchtum bereits in die Wiege gelegt.

Die Sage

Das Wappen der Gemeinde Eberhardzell ist identisch mit dem der Ritterfamilie von Neideck. Diese Familie des ausgehenden Mittelalters spielte in der Geschichte der Gemeinde, die zum ersten Mal 1246 urkundlich erwähnt wurde, eine bedeutende Rolle. Die Burg der Neidecker an einem Südausläufer des Hochgeländes ist noch in Mauerresten erhalten. 1478 wird Siegmund von Neideck von Jakob Trapp, dem damaligen Erbhofmeister von Tirol, mit der Gemeinde belehnt. Er begann sofort mit dem Bau dieser Burg. Sein Sohn Viktor bewohnte diese Burg bis zu seinem Tod 1520. Da er ohne männlichen Erben war, verkauften seine vier Töchter Burg und Besitz an den Truchsess von Waldsee, den Bauernjörg der Bauernaufstände von 1525.

Die Eberhardzeller trauerten ihrem Herren von Neideck lange nach. Um das Geschlecht und um seine Burg, die bald nicht mehr bewohnt war und zerfiel und dann im 17. Jahrhundert als Steinbruch für die neue Burg der Waldseer, die heute noch als vorhandene Heinrichsburg dient, rankten sich bald Sagen und Geschichten. In einer dieser Sagen, wurden auch zum ersten Mal die Neideck-Hexen erwähnt.

Da hatten sich zwei junge Burschen der Gemeinde zusammengetan, die im Bergfried der Burgruine und in dem darin befindlichen ausgetrockneten Brunnen den Schatz der Neidecker wähnte.
Den Schatz wollten sie heben. Wie damals üblich, hatten sie sich bei Vollmond Wunder wirkende Kräuter vom Grab eines Gerichteten geholt und mit diesem Amulett den Aufstieg zur Burgruine gewagt. In den mündlichen Überlieferungen geisterte immer wieder der Satz, nur in einer Rauhnacht sei unter diesen bestimmten Verhältnissen überhaupt der Schatz zu heben. Nur sprechen, so hieß es, dürfte man während der ganzen Arbeit kein Wort, sonst wäre es um den Schatz und die Schatzgräber geschehen.
Mit Schaufel, Seil und Lampe machten sich die beiden an die Arbeit. Sie drangen in einen Raum vor, in dem eine große Kiste stand, auf der eine schwarze Katze lag. Durch ihr Amulett geschützt, näherten sie sich der Kiste. Plötzlich machte die Katze einen Buckel, fauchte und sprang den Burschen ins Gesicht. Vor Schreck schrien sie auf. In Ihrer Ruhe gestört erschienen erzürnt die Neideck-Hexen. Sie schleppten die beiden Schatzräuber auf die Burgmauer und stießen sie in den sicheren Tod.Seit dieser Zeit hat niemand mehr versucht, die Schätze derer von Neideck zu heben, so dass sie bis zum heutigen Tag noch in den Ruinen der Burg vergraben sind. Manch einer unserer aufgeklärten Zeitgenossen mag über solch eine Sage mitleidig lächeln, unsere Vorfahren meinten es damit sehr ernst.

Anfänge der Zeller Fasnet

Noch im 16. Jahrhundert berichten die inzwischen vom Kloster Schussenried eingesetzten Ortspfarrer der Gemeinde von Sitten, dass die Christen von Eberhardzell zum Frühlingsanfang in heidnisches Gedankengut verfielen: sich in grauenhaft verkleidend und germanischen alten Bräuchen folgend, um so die Winter aus ihren Häusern, Ställen und Scheunen sowie untergekrochene böse Geister und Hexen durch Geschrei und dem Gerassel gefüllter Saubladern zu verjagen.

Noch im 18. Jahrhundert verweist andererseits der zuständige Waldseer Patronatsherr in einer Brandrodung auf den gotteslästerlichen Aberglauben des Winterverbrennens am so genannten Funkentag hin, bei dem jedes Mal die Gefahr bestehe, das ganze Dorf niederzubrennen.

Schon diese kurzen Abschnitte belegen eindeutig, dass in der Gemeinde Eberhardzell über Jahrhunderte hinweg schwäbisches und alemannisches Gedanken- und Brauchtumsgut aus heidnischer Zeit gepflegt wurde, obwohl Oberschwaben seit dem 8. Jahrhundert bereits christanisiert war. Vor allem in der Fasnetszeit, wenn Bauern des Dorfes noch Ruhe und Muße vor den beginnenden Feldarbeiten des kommenden Arbeitsjahres hatten, sind Narrenumzüge urkundlich nachgewiesen.

Da gab es den Sägewerksbesitzer Xaver Restle, der fast jedes Jahr den weiten Weg nach Basel ritt, nur um dort den Fastnetsumzug, den „Morgenstreich“, mitzuerleben. Ihn reizte dieses schwäbisch- alemannische Brauchtum, nicht etwa der schon vorhandenen mittelrheinischen Karneval Mainzer oder Kölner Prägung, auch nicht der Münchner Fasching.
Diesen Brauchtumsgedanken brachte er von seinen Reisen mit ins Umlachtal und fand hier auch offene Ohren für seine Ideen. Von einem seiner Ritte nach Basel brachte er noch etwas handfesteres mit. Die einen sagen, er habe es organisiert und nur ausgeliehen, die anderen behaupteten, er habe es gestohlen. Es war dies der sagenumworbene Baseler Lällenkönig, die erste nachweisbare Holzmaske der Zeller Fasnet. Historisches Bildmaterial zeigt den Lällakönig, wie er seinen Widersachern die lange Zunge herausstreckt. Und in diesen Narrenumzügen, die noch nicht organisiert waren, die sich vielmehr spontan bildeten, springen Kinder und Erwachsene als Neideck-Hexen mit. Als man dann nach dem Zweiten Weltkrieg endlich daran ging, die Fasnet besser zu organisieren, war es allen beteiligten Gründungsmitgliedern klar, dass im Mittelpunkt aller Narretei die Maske und nicht der Mensch zu stehen habe.

Am 11.11.1958 wurde auf Bestreben des zugezogenen, gebürtigen Rheinländers und bis dato in Schramberg wohnhaften Arztes Dr. Werner Pieper die Narrenzunft „Zeller Schwarze Katz“ Eberhardzell e.V. gegründet. Auf Anregung des „Postwirts Fons“ zeichnete der ortsansässige Künstler Horst Reichle 1961 nach alten Vorlagen eine Hexenmaske, deren Manuskript es heute noch gibt. Der Eberhardzeller Holzschnitzer Klemens Kohler schnitzte nach dieser Vorlage die ersten Masken der Neideck-Hexen. Natürlich traten im Laufe der Jahre noch andere Masken an ihre Seite, von denen zwei örtliche Traditionen weiterführten. So erinnert das Hansele an zwei Zeller Originale und der Ampfelbronner Holzwurm an einen Schreinermeister. Als Symbol der Narrenzunft „Zeller Schwarze Katz“ entstand 1963 die Katzenmaske, welche in den ersten Jahren vornehmlich von Frauen und Kindern getragen wurde.

Seit 1957 gab es nur zwei Jahre, in welchen kein Narrensprung in Eberhardzell stattfand. Dies war im Jahre 1966 als die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen war und öffentliche Veranstaltungen untersagt waren, sowie 1990 als die Fasnet wegen des Kuwait-Konfliktes ausfiel.

Inzwischen gibt es in der Gemeinde Eberhardzell kaum eine Familie, in der nicht mindestens ein Familienmitglied in der Narrenzunft aktiv ist. Selbst Pfarrer und Bürgermeister haben an der Fasnet ihr Hansel- bzw. Hexenhäs an. Es gibt auch kaum einen Zugezogenen, welcher sich dauerhaft der Faszination Eberhardzeller Fasnet widersetzen kann und nicht das Zeller Narrenlied auswendig kennt.
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